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Im Herzen des Bliesgaus
 

Der Rote Bau - Landhaus "Bon voisin"


Nachdem die Gräfin Marianne das Landgut „Mon plaisir“ mit der Mühle und einigen Gärten, den Annahof mit Wohngebäude und landwirtschaftlichen Betrieb besaß, ließ sie noch ein drittes Projekt anlaufen. Auf der dem Annahof gegenüber liegenden Weiherseite wurde ein Landhaus erbaut.

Neben der Gräfin war auch noch ein zweiter Bauherr an dem Bauprojekt beteiligt. Es war ein Geistlicher, der im Schloss in Blieskastel lebte und wahrscheinlich der Beichtvater der Reichsgräfin war. Dieser Kanoniker namens Farogart fand, wie die Gräfin Marianne, den Weiher und seine Umgebung wunderschön.

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Er wünschte deshalb auch dort wohnen zu dürfen. Da der geistliche Herr einen finanziellen Beitrag zur benötigten Bausumme beisteuerte (die gräfliche Kasse war meist leer), konnte der Ökonomiehof zwischen 1788/91 errichtet werden. Dem Kanoniker Farogarden zu Ehren erhielt er den Namen „Bon voisin“ (Guter Nachbar). Der Canonicus  wohnte aber wohl nicht lange in den Landhaus. Im Grundsteuerkataster des Jahres 1844 wird die Anlage als "rothe Hof genannt Bonvoisin am Neuweiher" angegeben. 1836 taucht im topographischen Plan der Name "Rotherhof" aus. Wegen seines roten Anstrichs wurde das Landhaus wohl so bezeichnet. Heute heißt er "Roter Bau".

Das gräfliche Landhaus besteht aus einem eingeschossigen, rot verputzten Wohnbau mit einem Mansarden-Walmdach. Zum Weiher hin erhebt sich der Bau auf einem hohen Sockelgeschoss. Hier befindet sich ein großer, gewölbter Keller. Zehn Fenster blicken auf den Weiher. Auf der Hofseite gibt es drei Eingänge ins Gebäude und fünf Fenster. Das rundbogige Hauptportal mit seinem wuchtigen Dreiecksgiebel ist das imposanteste Architekturteil des Gebäudes.

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Ursprünglich war das Hauptgebäude nur durch einen schmalen Landstreifen vom Weiher getrennt. Erst durch den Bau der Eisenbahnstrecke und des Bahnhofes (um 1860) wurde das Gebäude weiter vom Weiher weggedrängt.  Der gesamte Bau ist ein charakteristisches Beispiel einer sogenannten separierten (getrennten) Anlage.

Das bedeutet, die einzelnen eingeschossigen Wirtschaftstrakte sind nicht miteinander verbunden. An den Mittelbau schließen sich seitlich  niedrigere Wirtschaftshöfe an. Sie dienen als Flügelbauten. Dadurch wird der Innenhof dreiseitig umschlossen. Diese Remisen dienten als Gebäude für Kutschen, Schlitten, Pferdewagen und Stallungen. Die sogenannte Beletage (die am besten ausgestattete Wohnung) war die Wohnung der Gräfin.

Am 22. Mai 1805 erwarb der damalige Privatsekretär des Grafen Philipp Johann Jakob Schaller neben anderen Anwesen des Leyen-Hauses auch das Maison rouge, den Roten Bau. Seine Frau verstarb 1811. Schon 1 Jahr später heiratete er die 22 jährige Sophia Damiana, die Tochter des Leyen'schen Haushofmeisters Franz Best aus Blieskastel. Sie war bald sehr beliebt und wurde nur die "Schallerch Madam" genannt. Johann Jakob Schaller verstarb am 22.03.1828. Seine Frau erbte auch den Roten Bau. 16 Jahre später, im Jahre 1844, verteilte sie dann ihren Besitz an ihre Kinder. Ihr Sohn Josef erhielt den Roten Bau.

Um 1900 wohnte der Direktor der Würzbacher Backsteinfabrik, Kraft im Roten Bau und hier waren auch Arbeiterwohnungen. Bewohner in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts waren die Familien Kraft, Adolf Schöpsdau, Heinrich Rinck und Heinrich Friedhoff. Die drei letztgenannten haben alle in der Backsteinfabrik gearbeitet.

Trat man durch den mittleren Eingang wohnten auf der rechten Seite die Familie Kraft mit ihrem Sohn René. Auf der linken Seite befand sich die Direktion der Backsteinfabrik. Trat man durch die linke Haustür ein, so wohnte auf der rechten Seite Adolf Schöpsdau. Er war der Großvater mütterlicherseits von Adolf Friedhoff.  Auf der linken Seite wohnte die Familie Heinrich Rinck mit ihren Kindern. Nachdem die Rincks 1935 in ein eigenes Haus umgezogen waren, zog  Heinrich Friedhoff mit seiner Familie in die freigewordene Wohnung. Auch sie zogen nach einiger Zeit sie in ein neugebautes eigenes Haus.

Später erwarb die damals selbständige Gemeinde Niederwürzbach den Roten Bau mit den Wohnungen. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges fanden verschiedene Niederwürzbacher Bürger, deren Häuser beschädigt oder zerstört waren im Roten Bau Wohnung.

Im Jahre 1964 kaufte der Niederwürzbacher Karl Priester den Bau von der Gemeinde. 1967 erwarb dann die Firma Volk aus Sankt Ingbert ihn von Karl Priester. Nach dem Konkurs dieser Firma ging der Rote Bau wieder an die Gemeinde über. Diese ließ ihn am 17. Januar 1972  in Blieskastel versteigern. Ein Verwandter der Familie Volk, Herr Lechhorn erwarb den Besitz.

In der Folgezeit ließ die Familie Lechhorn den ziemlich herunter gekommenen Bau innen und außen vorbildlich renovieren. Die beiden Seitengebäude erhielten neue Dächer. Der Rote Bau ist heute wieder ein sehenswertes historisches Gebäudes aus der Leyenzeit in Niederwürzbach und bietet Wohnraum für mehrere Familien.


(Quelle: Stadtarchiv Blieskastel  Bild 1 Fotosammlung  4927  -   Bild 2 Fotosammlung  7043 -   Bild 3  Peter Welsch Niederwürzbach - Bild 4 Josef Noll Niederwürzbach)
 
 
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